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EuGH: Etappensieg für Fluggastrechte

Generalanwalt des EuGH empfiehlt: Fluglinien sollen auch bei Vogelschlag zur Verantwortung gezogen werden.

 

Wiesbaden, 10. August 2016 – Die EU-Fluggastrechte-Verordnung verpflichtet Fluggesellschaften bei Verspätung, Annullierung oder Überbuchung zu Ausgleichszahlungen und Unterstützung der Passagiere am Flughafen. Liegen allerdings sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ vor, sind die Airlines von ihrer Zahlungspflicht enthoben. Welcher Umstand sich als außergewöhnlich qualifiziert und welcher nicht, ist oft nicht auf den ersten Blick eindeutig erkennbar und landet als Streitfall vor Gericht. In einem aktuellen Streitfall mit der tschechischen Fluggesellschaft Travel Service empfiehlt nun Yves Bot, der Generalanwalt des EuGH, Vogelschlag nicht als „außergewöhnlichen Umstand“ zu werten. Da die Empfehlungen des Generalanwaltes häufig vom EuGH übernommen werden, sehen die Fluggastrecht-Experten von FairPlane diese Entscheidung als wichtigen Schritt in Richtung stärkere Fluggastrechte.Vor gut drei Jahren hatte ein Flug der tschechischen Fluggesellschaft Travel Service aufgrund einer Kollision mit einem Vogel über fünf Stunden Verspätung. Die Fluggesellschaft verweigerte aber die Zahlung der Ausgleichsleistung. Zwei geschädigte Passagiere blieben hartnäckig und gingen vor Gericht. Schließlich landete der Fall beim EuGH. EU-Generalanwalt Bot empfahl nun in seinem Schlussantrag, dass der Schaden durch den Vogel kein „außergewöhnlicher Umstand“ sei, sondern vielmehr zum gewöhnlichen Betriebsrisiko einer Airline gehöre.Viele Rechtsexperten zweifelten schon vor dem Urteil, ob Vogelschlag tatsächlich als „außergewöhnlicher Umstand“ zu werten sei. So auch Prof. Ronald Schmid, FairPlane-Experte für Fluggastrechte: „Vögel nutzen den Luftraum schon lange vor dem Menschen. Wenn der Mensch nun auch den Luftraum nutzt, muss er daher erwarten, dass es zu Zwischenfällen mit Vögeln kommen kann und sich darauf einstellen.“Bisher wurde Vogelschlag als „außergewöhnlichen Umstand“ gewertet. Sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ sind nur solche Zwischenfälle, die außerhalb des Betriebsrisikos der Fluggesellschaft liegen und die auch üblicherweise während des normalen Flugbetriebs nicht auftreten. Auch wenn der Vorschlag des EU-Generalanwaltes das Gericht nicht bindet, zeigen ähnliche Fälle aus der Vergangenheit, dass der EuGH häufig dem Vorschlag folgt. Das Fluggastrechte-Portal FairPlane kann dieses Urteil nur begrüßen, sichert es doch die Rechte der Fluggäste, weil ein solches EuGH-Urteil alle anderen Gerichte in ganz Europa bindet. „Jetzt müssen wir hoffen, dass der EuGH seine Entscheidung bald verkünden wird“, ergänzt Rechtsexperte Schmid abschließend.